Was bei der Suche nach Innovationen leider oft vergessen geht

Milian Schenk - 13.August.2020

Innovationsfähigkeit wird leider zu oft mit modern klingenden Methoden gleichgesetzt. Dabei vergisst man die grundlegenden Voraussetzungen für Innovationen in Unternehmen.

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Innovation. Es gibt kaum ein Schlagwort, dass heutzutage grossflächigere Anwendung findet. Produkte sollen innovativ sein, Methoden auch, Unternehmen natürlich ebenfalls, Mitarbeiter sowieso. Egal, was der Einzelne im Detail darunter versteht, es geht am Schluss immer um etwas Neues. Etwas, das anders ist als das Bisherige. Etwas, das man benötigt, um in der Zukunft eine Daseinsberechtigung zu haben. Und Unternehmen tun einiges, um als innovativ zu gelten und Innovationen hervorzubringen.

Natürlich haben Unternehmen heutzutage einen ''Innovationsprozess''. Gerne mit Phasen und Gates, teilweise auch ''Open'', betreiben ''Design Thinking'', ''Agile'' oder andere ''moderne'' Methoden. Aber sind alle diese Unternehmen wirklich innovativ, sprich schaffen sie es, die angestammten Pfade zu verlassen? Nicht nur ihre bestehenden Produkte und Prozesse inkrementell weiterzuentwicklen?

Ich bezweifle es.

Denn was benötigt wird, sind nicht nur ''moderne'' Methoden und die reine Existenz eines Innovationsprozesses. Dies alleine hat noch nie jemanden zum Innovationsführer gemacht, auch wenn es gerne so verkauft wird. Was zum Erfolg führen kann, ist erstmal viel grundlegender. Dazu gehören folgende Rahmenbedingungen:

  • Handlungsspielraum für Mitarbeiter:
    Innovationen benötigen Kreativität. Die Dinge weiter oder anders denken zu können, als sie heute sind. Wie kann man dies ernsthaft von einem Mitarbeiter erwarten, dessen primäre Aufgaben im Unternehmen es sind, Prozesse zu befolgen und seine Sorgfaltspflicht wahrzunehmen? Der darauf konditioniert wurde, Dienst nach Vorschrift zu machen? Genau. Geht nicht. Deshalb gilt der massvolle Einsatz von sämtlichen Werkzeugen der Steuerung und Kontrolle. Denn diese unterwandern systematisch die Kreativität und Urteilsfähigkeit der Mitarbeitenden.
  • Zeit:
    Wer innovativ sein will, benötigt Zeit. Und damit meine ich nicht die 10 Minuten zwischen zwei Meetings. Zeit an Dingen arbeiten zu können, für die man sich nicht rechtfertigen muss. Schlanke Abläufe und eine massvolle ,,gut-genug-Einstellung" sind Voraussetzungen dafür. Ansonsten hat auch der effizienteste Mitarbeiter keine Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen.
  • Innovation als Investition verstehen:
    Innovationen sind Investitionen in die (unsichere) Zukunft. Dafür benötigt es ''Risikokapital'', das in guten Zeiten zwar den Umsatz und Profit reduziert, aber sich hoffentlich zukünftig auszahlt. Mit einer Rendite darf man erstmal nicht rechnen. Denn ist die Wirtschaftlichkeit von Innovationen vorher bekannt, sind es keine.
  • ''innovative'' Mitarbeiter:
    Schlussendlich sind es Menschen, welche Innovationen hervorbringen. Dafür benötigt es unter anderem Mitarbeiter, die fähig sind, den Status Quo anders zu denken, die fantasievoll sind und eine natürliche Neugierde besitzen. Zudem müssen sie den Mut haben, Risiken einzugehen, sollten nicht zu angepasst sein, von Natur aus skeptisch sein und sich selbst nicht zu ernst nehmen. Ausserdem sollten sie über die Disziplin verfügen, sich regelmässig Zeit für Gedanken an die Zukunft freizumachen. Natürlich ist das nicht abschliessend. Aber man tut gut daran, ein paar dieser Eigenschaften bei der Rekrutierung zu berücksichtigen. Auf allen Hierarchiestufen.
  • Unterschiede akzeptieren und wertschätzen:
    Es bringt herzlich wenig, wenn man sich unterschiedliche Mitarbeiter ins Unternehmen holt und diese dann durch den Anpassungsdruck der Organisation innert Kürze in deren Kultur ''homogenisiert''. Mässigung setzt die Akzeptanz und Wertschätzung von Unterschieden vorraus und hat ein Auge darauf, dass der Anpassungsdruck der Organisation so gering wie möglich ausfällt.
  • Ziele, die Innovationen fördern:
    Ist Innovation wichtig, müssen sich möglichst viele Mitarbeiter diesem Ziel verpflichtet fühlen. Dies bedingt nicht zwingend Anreize. Es würde schon ausreichen, wenn sie nicht für alles andere bezahlt und wertgeschätzt würden. Für Umsatz, Qualität, Profit, Effizienz oder Produktivität zum Beispiel.
  • Kundenorientierung:
    Will man andere Dinge machen - oder die Dinge anders machen - sollte man sich radikal an neuen, potentiellen Kunden orientieren. Was wirklich zählt, ist, was diese wollen. Und nicht was jemand im Unternehmen will.
  • Fehlerkultur:
    Etwas vom wichtigsten. Fehlgeschlagene Versuche im Zuge von Innovationsprozessen sind keine Fehler. Punkt. Es sind Versuche, die nötig sind, um neue Erkenntnisse zu generieren. Und entsprechend positiv sollte man auch damit umgehen.
  • Entscheidungs- und Risikofreude der Führung:
    Innovationen bringen mit sich, dass man in Unsicherheit entscheiden muss. Immer. Dazu muss die Führung in der Lage sein.
  • Vertrauen:
    Die Innovationsfähigkeit eines Mitarbeiters ist schlecht messbar, lässt sich nur schlecht in Kennzahlen ausweisen. Zudem sind die Leistungen, welche massgeblich zur Innovationskraft eines Unternehmens beitragen, oftmals nicht auf den ersten Blick als solche erkannbar. Im Gegenteil. Diese werden sogar vielfach als ''nicht Arbeit'' wahrgenommen. Ganz im Sinne von: ,,Was, der hat Zeit, sich Gedanken zu machen? Der soll sich mal lieber richtig in seine Arbeit reinhängen!'' Kreative Arbeit ist nicht kontrollierbar, Vertrauen unabdingbar.

Werden diese Rahmenbedingungen nicht massvoll innovationsfreundlich gestaltet, kann sich auch die innovativste Führungskraft und der kreativste Mitarbeiter nicht entfalten.
Die organisatorischen Rahmenbedingungen und Prozesse wollen dann keine Innovation. Sie wollen vielmehr Effizienz und keine Verluste, sprich keine Fehler. Eine Tatsache, der sich viele Unternehmen oftmals nicht einmal bewusst sind.
Es werden dann gut klingende und vielversprechende neue Methoden eingeführt. Mit dem Ergebnis, dass man mehr Workshops macht. Vielmehr kommt aber auch nicht dabei raus.

Will man also eine innovationsfreundliche Kultur, heisst es mit dem Blick für Mässigung die organisatorischen Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten.
Umso schlechter es dem Unternehmen geht, desto entschiedener. Die wohlklingenden Methoden kann man dann später immer noch einführen.

Für zukunftsfähigere Organisationen und zufriedenere Menschen.

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