Mittlerweile ist der Begriff "Erfolgsfalle" sicherlich vielen bereits ein Begriff. Unternehmen wie Nokia, Kodak etc. gelten heute als schöne Beispiele ehemals erfolgreicher Organisationen, die in ebendiese getappt sind. Sie bilden aber nur die Spitze des Eisbergs.

Immer wieder verlieren Unternehmen, jahrelang unglaublich erfolgreich, sehr schnell ihren Vorsprung am Markt und werden, teilweise über Nacht, vom Wettbewerb ein- und überholt. Soweit, so bekannt.

Wirklich interessant wird es, wenn man sich ein paar der Symptome anschaut, welche es soweit kommen lassen. Denn diese sind in vielen Unternehmen identisch vorhanden, akzentuieren sich schleichend und werden unter anderem deshalb oft spät bemerkt:

• Erschaffung einer eigenen Realität:
  Zunehmend werden nur noch Informationen aufgenommen, welche in das eigene Bild des Unternehmens passen. Oftmals geschieht dies auch unbewusst. Konsumentenpanels werden vorallem aus bestehenden Konsumenten zusammengesetzt, Marktanteile nur in Teilen des Marktes ausgewertet oder es werden vermehrt die Nachrichten verfolgt, welche die gewünschte Intepretation der Realität zulassen. Findet ein Produkt am Markt keinen Anklang, werden äussere Umstände dafür verantwortlich gemacht. Schlägt es ein, wird dies den Entscheiden des Unternehmens angerechnet.
  Auch wenn es schwer fällt - Mässigung bedingt eine ganzheitliche und unverzerrte Sichtweise auf den Markt und die Entwicklung des Unternehmens.
• Glorifizierung früherer Entscheide:
  Das Unternehmen steht so gut da, weil man in der Vergangenheit die richtigen Entscheide getroffen hat. Und nur deshalb.
  Diese Sichtweise ist gefährlich, denn mit der Realität hat sie nur selten etwas zu tun. Erfolg ist äussert komplex. Faktoren wie Glück, einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, Probleme des Wettbewerbs usw. tragen häufiger zum Erfolg bei, als man denkt oder bereit ist, anzuerkennen. Und vielleicht wäre man mit anderen Entscheidungen in der Vergangenheit heute noch erfolgreicher. Wir werden es nie erfahren. Mässigung, was das eigene Selbstverständnis anbelangt, hilft, die Erfolgsfalle zu umgehen.
• Harmoniebedürfnis und Homogenisierung der Meinungen:
  Erfolgreiche Unternehmen verspüren einen grossen Drang zur Harmonie. Konflikte jeder Art stören diese Harmonie, denn sie werden primär als Gefahr für die Effizienz der bisherigen Abläufe und weniger als Chance wahrgenommen, sich mit alternativen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Dieser Umstand führt auch dazu, dass Unternehmen und Führungskräfte früher oder später anfangen, im Rekrutierungsprozess soziale Ähnlichkeit zu bevorzugen. "Kultureller Fit'' und ähnliche Meinungen werden dabei zu Stärken. Alles andere wird als Gefahr für den zukünftigen Erfolg empfunden - bewusst oder unbewusst.
  Keine Diskussionen führen zu müssen, ist vielleicht effizient. Aber im Hinblick auf Mässigung und damit Zukunftsfähigkeit ist es verherrend.
• Umsatz- und Gewinnmaximierung statt Innovationen:
  Höchste Priorität hat zuerst oft der Umsatz. Verlangsamt oder stagniert das Umsatzwachstum, fokussiert man sich auf eine Maximierung des Gewinns. Das Problem dabei? Der nötige Fokus auf Innovation fehlt in diesem Prozess. Das Geld wird solange dort investiert, wo man am einfachsten und kurzfristig Umsatz- oder Gewinnmaximierung erreicht. Indem man alles so macht wie bisher und auf Effizienz setzt.
  Das mag so lange funktionieren, bis man auf wirkliche Neuheiten angewiesen ist. Dann fehlt aber meist das Geld und die Zeit für wirkliche Innovation und das Unternehmen steht mit dem Rücken zur Wand.
• Kreiert ''Kundenbedürfnisse'' selbst:
  Da man als jahrelang erfolgreiches Unternehmen selbst am besten weiss, was der Kunde eigentlich will, generiert man ''Kundenbedürfnisse'' intern einfach selbst. Dafür entwickelt man dann Produkte und Dienstleitungen. Das Praktische dabei? Man ist erstmal völlig unabhängig vom Kunden und dem Markt. Bis die Realität einen einholt.

Erfolg führt also, bei fehlender Mässigung, zu zunehmender Abkapselung des Unternehmens. Man will ''Störungen'' jeglicher Art möglichst ausschalten, den kurzfristigen, planbaren ''Erfolg'' sicherstellen, gefährdet damit aber die Zukunftsfähigkeit. In der schnelllebigen Zeit von heute noch viel schneller als früher.

Deshalb gilt es mit dem Blick für Mässigung auf die Entwicklungen im Unternehmen zu schauen und dabei frühzeitig und massvoll zu agieren.

Für zukunftsfähigere Organisationen und zufriedenere Menschen.